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Sonntag, 26. Juli 2009

Über die Redewendung "Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen"


Bei „besserwissen.pm-magazin.de“ wurde die Frage gestellt: „Woher kommt das Zitat ‘Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen’?“ Gute Frage, dachte ich wieder einmal und fing an zu recherchieren. Über die Ergebnisse war ich so erstaunt, dass ich sie Ihnen nicht vorenthalten möchte. Schließlich nahm auch ich an, dass das halt eine Redewendung wie so viele andere ist.

Zuerst einmal ist das der Titel einer Geschichte von W. O. von Horn (Friedrich Wilhelm Philipp Oertel) (1798-1867) http://tinyurl.com/n4jrsx. Allerdings gibt es im Gedicht Der Kadet im Volksgarten von Karl von Holtei , das 1856 in der vierten Auflage erschien, die Verse: Nun Herr Obrist, mag's d'rum sein. Es ist nichts so fein gesponnen, / Keine Lüge noch so schlau, die nicht käme an die Sonnen." (http://tinyurl.com/ntqa58). Ob Oertel das Gedicht kannte und die Verse für seinen Titel änderte, konnte ich nicht herausfinden. Vielleicht weiß es ja jemand zufälligerweise.

In Münchhausen: Eine Geschichte in Arabesken, die 1838/39 erschien, verweist der Autor, Karl Immermann, auf den Spruch: http://tinyurl.com/md7vp3. Ernst Moritz Arndt schreibt in einem seiner Märchen, die von 1818-1843 erschienen: Der Wolf und die Nachtigall oder wie zwei arme Königskinder verwandelt und zuletzt nach vieler Not doch wieder zu Menschen geschaffen wurden: „Aber die Leute lassen das Wispern und Flüstern darum doch nicht, und weil das Sprichwort wahr ist: Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt endlich an die Sonnen, so hatte es von Anfang an gemunkelt, als die Königskinder verschwunden waren: kein Mensch könne wissen, was der Spaziergang der Königin bedeutet habe.“ (http://literaturnetz.org/3079.html) Jeremias Gotthelf wiederum schreibt in seiner 1850 erschienenen Erzählung Die Käserei in der Vehfreude: Eine Geschichte aus der Schweiz: "Da heißt es ganz mit Recht: Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch endlich an die Sonnen." (http://tinyurl.com/nkuk8w). Da all diese Autoren auf den Spruch verwiesen, können sie ihn nicht geprägt haben.

Auch in den anderen (späteren) Werken gibt es den Spruch, so im Töchter-Album by Thekla von Gumpert, Hrsgbr. (1893), einem wirklich hübschen Buch (http://tinyurl.com/n7dcyd) und Die Erzählungen" von Heimito von Doderer. Fontane lässt seine Erzählung Unterm Birnbaum mit den Worten enden: "Und bezeugte dadurch aufs neue die Spruchweisheit: ´Es ist nichts so fein gesponnen, ´s kommt doch alles an die Sonnen.´"

Wenn es allerdings heißt: "„Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch an das Licht der Sonnen!“, Donald Duck, Schiller zitierend", dann zitiert er den falschen Dichter. (Donald Duck musste den Spruch sagen, nachdem die Philologin Erika Fuchs die Eindeutschung der Comics übernahm. Sie jedoch auch viele neue Worte wie "Sproing" oder "Uah! Gik Gak!").

Und inwieweit sich Adelbert von Chamisso zu seinem Gedicht Die Sonne bringt es an den Tag" von dem Spruch inspirieren ließ, weiß ich leider nicht. (http://hor.de/gedichte/adelbert_von_chamisso/die_sonne.htm) (In dieser Fassung sind Fehler, die sich auch auf anderen Websites finden – warum wird eigentlich immer  kopiert, ohne den Text zu prüfen? Hier ist der richtige Link: http://www.beingoo.de/adelbert-von-chamisso-die-sonne-bringt-es-an-den-tag-3705/)

4 Kommentare:

  1. Peter Koster schrieb diese zitat bereits in seiner Chronik der freien Hansestadt Bremen 1600-1700 im Jahre 1686 als Sprichwort nieder.

    Michael Koppel Stadtteilchronist aus Bremen/Horn-Lehe

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  2. Was ich mich dabei immer frage ist, ob auch in der Gegenwart neue Sprichwörter und Redewendungen erfunden werden oder ob das nur aus der Vergangenheit Überbleibsel sind...
    LG aus der Rhetorik
    http://deutsche-rednerschule.de/

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  3. Und nochmals, an anderer Stelle bei Fontane: "Und was ist heimlich überhaupt? ›Ist auch noch so fein gesponnen, muß doch alles an die Sonnen.‹ Und ist auch ein Trost und ein Glück, daß es so ist. Denn alles Unrecht muß heraus. Und was ein rechtes Unrecht ist, das will auch heraus und kann die Verborgenheit nicht aushalten. Und eines Tages tritt es selber vor und sagt: hier bin ich." (Fontane, Ellernklipp)

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  4. Und ebenfalls bei Fontane: "Es ist nichts so fein gesponnen", sagte Frau von Carayon und lachte. Schach sah sie fragend an. "Ja lieber Freund, ich weiß alles. Und niemand Geringeres als Tante Marguerite hat uns heute mittag davon erzählt." (Fontane, Schach von Wuthenow)

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